Sittengeschichte aus dem Weizer Mitteralter

Als Maria Anna Gräfin von Saurau, die Neu Sturmberg besaß, die Herrschaft nicht verkaufte, sondern nur nach Kaltenbrunn im heutigen Burgenland zog, mußte ihre minderjährige Tochter Anna Regina  in der Obhut Fettauers zurückgelassen werden. Die Art, wie die minderjährige Erbin umworben wurde, bildet ein Kapitel zur Sittengeschichte jener Zeit: Der erzbischöflich salzburgische Kämmerer Hans Friedrich Setenitschki, ein schon betagter Herr und zweifacher Witwer, wollte das etwa 17jährige Mädchen gewinnen und versuchte zuerst die Bekanntschaft Balthasar Fettauers durch Vermittlung seines freundes Hans Ferdinand Freiherrn von Khünburg zu machen. Ende 1630 traf Khünberg den Fettauer bei der Aufführung in der Jesuitenschule in Graz und nahm mit ihm auch bei den Jesuiten das Frühmahl ein. Wenige Tage später trafen Setenitschki und Khünburg auf Alt Sturmberg ein. Die Burg war in den letzten Jahren wieder wohnlich hergerichtet worden. Setenitschki erzählte, daß ihm sowohl die erste Frau von Khünburg als auch seine zweite von Törring große Güter hinterlassen habe. Dann erwähnte er, er möchte die Güter verkaufen und sich in der Steiermark ankaufen; vom Fräulein Saurau hätte er viel gutes gehört und möchte sie kennenlernen. Drei Tage später kam Setenitschki wieder nach Alt Sturmberg, wurde zum Nachtmahl eingeladen und auch das Fräulein Saurau dem Essen zugezogen. Nach beendetem Nachtmahl ließ das Ehepaar Fettauer die beiden allein – für die damalige Zeit ein großer Skandal. Schließlich begleitete er das Fräulein mit seinen fackeltragenden Dienern in ihren Teil des Schlosses (vermutlich Neu Sturmberg). Auch alles weitere sei sehr harmlos gewesen, erklärte der alte Mann später vor Gericht.

Ganz anders lauten die Angaben des Fräuleins selbst: Wenige Tage nach dem ersten Zusammentreffen seien Setenitschki und Khünburg wieder nach Sturmberg gekommen und seien in sie gedrungen, sich mit ersterem doch zu verloben. Die Mutter und der Graf Saurau (wahrscheinlich ihr Vormund) hätten es erlaubt- was nicht wahr war. Dann zog Setenitschki der Frau Fettauer einen Ring vom Finger und steckte ihn dem Mädchen gewaltsam an. Darauf erklärte er, er reise jetzt nach Kaltenbrunn, um der Mutter das Verlöbnis bekanntzugeben. Diese verweigerte ihre Einwilligung, doch kamen Setenitschki und Khünburg mit der Nachricht zurück, die Mutter sei einverstanden. Trotzdem verweigerte das Mädchen jede Annäherung. Da hielt ihr Khünburg beide Hände fest, worauf die Wehrlose von Setenitschki geküßt wurde. Empört nimmt die Mutter zu der ganzen Lügenkomödie Stellung und wendet sich vor allem gegen „die Antastung, welche gegen eine ehrliche dama sich nicht gehöre“. Außerdem drang Setenitschki in das Schlafzimmer des Mädchens ein, indem er die Türe aufbrach und nur durch zwei Dienerinnen, die bei dem Mädchen gewesen waren, verscheucht werden konnte. Nun beeilte sich die Mutter, ihre Tochter mit einem protestantischen Edelmann, dem Grafen von Mörsperg, zu verheiraten, was noch im März 1631 geschah.

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