Grundherrschaft

Nach dem Sieg Heinrich´s des III. über die Ungarn stand die Oststeiermark frei für die deutsche Kolonisation. Die Grenze des Reiches im Osten war die Lafnitz. Dem Adel und der Kirche wurde die Aufgabe der Waldrodung und der Besiedelung übertragen, denn nach der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung hatten nur sie das Recht, Grund und Boden zu besitzen.

Der Grundherr konnte den Boden als Dominikal- oder Herrenland selbst bewirtschaften, neben dem Wohnsitz hatte er noch ein Wirtschaftszentrum mit Meierhof, Mühle, Schmiede, Säge, Taverne, Felder, Wiesen, Gärten, Hutweiden, Weingärten, Teiche, Fischwasser, und Waldungen.

Jedoch konnte er den größten Teil der Herrschaft in Bauernstellen aufteilen und an die Bauern zu Lehen, also zur Leihe, als Rustikal- oder Bauernland ausgeben. Die Größe dieser Lehen war abhängig von der Anzahl der Familienmitglieder mit den notwendigen Arbeitskräften, damit diese überleben konnten, und von den in diesem Zusammenhang stehenden möglichen Abgaben an den Grundherrn, die die Bauern entrichten mußten. Diese Besitzgröße wurde Hube (= eine Bauernwirtschaft) genannt. Es gab noch Ackerland neben den Dorfsiedlungen, das Allmund oder Gemein; es war dies der Gemeinschaftsbesitz (Weide, Holz, Streu) aller Siedler. Im Gebirge wurde die Grundfläche einer solchen Hube größer bemessen. Ein Besitz hieß Hof. Amtmänner und Dorfrichter wurden mit größerem Besitz ausgestattet. Die Weitergabe erfolgte entweder durch Vererbung oder durch Abverkauf der Höfe und Huben; es konnten genauso eine Halb-, Viertel- oder Achtelhube verkauft werden.

Der zu vergebende Grund wurde an die Bauern zu verschiedenem Recht in Abhängigkeit der jeweiligen Zeit vergeben. Im 12. bis 13. Jh. zum Beispiel hatte der Grundherr das Recht, den Bauern jederzeit abzustiften.

Die Leiheform war die Freistift, sie wurde aufgrund der Bevölkerung durch das Leibgedinge ersetzt. Der Bauer war auf Lebenszeit verpflichtet und konnte nur abgestiftet werden, wenn dieser die Verpflichtung gegenüber dem Grundherrn nicht erfüllte oder, wenn er seine Felder 3 Jahre hindurch schlecht bewirtschaftete. In weiterer Folge gab es Zwei – beziehungsweise Dreileiberleihe, dies bedeutete eine Übergabe an die 2. und 3. Generation. Man kann hier durchaus vom Übergang zum Erbrecht sprechen. Der Grundherr mußte diesen Vorgang zu seinem Recht verhelfen, er tat dies, indem er die Gründe gegen einen gewissen Geldbetrag an den Bauern verkaufte. Jener konnte in weiterer Folge frei über „sein„ Gut verfügen und sogar mit der Zustimmung des Grundherrn es selbst verkaufen und vererben. Nach dem Einkauf war das Erbrecht sichergestellt. Man kann vom Übergang des Pächtersystems des Freistiftrechtes zum Entstehen des Bauerntums im heutigen Sinne sprechen. Der Bauer hatte nun Grund käuflich erworben und besaß ihn zu Kaufrecht oder Landemium; dies wird als Abgabe verstanden, welche als Anerkennung des Eigentumes an den Grundherrn vom neuen Eigentümer zu entrichten war. Der Betrag belief sich auf ungefähr 10 Prozent des geschätzten Grundwertes, was durch eigene Schätzmänner vom Stapel lief. Bei einem Besitzerwechsel wurde der Kaufbrief ausgestellt, bei einer Verehelichung der Heiratsbrief. Falls ein Bauer starb, hob der Grundherr das Sterberecht oder Mortuar ein; ursprünglich mußte dem Herrn das beste Stück Vieh, später 2 bis 5 Prozent des geschätzten Nachlasses übergeben werden.

Die Grundleihe oder den Grundzins mußte ein Untertan in Naturalien oder in Geld leisten. Ursprünglich wurde im Ackerbaugebiet in Getreide, im Viehwirtschaftsgebiet in Vieh oder tierischen Produkten und im Weinbaugebiet in Wein (Bergmost) geliefert.  Später erfolgte eine Umwandlung des Naturalzinses in den Geldzins. Dieser Grundzins, an den Stiftstagen zu Georgi (24. April) oder Michaeli (29. September) geleistet, war eine Bürgschuld und wurde in Urbarbüchern festgehalten, aber trotz Geldentwertungen hielt man über Jahrhunderte hinweg an diesem Betrage fest. Weiters verlangte der Grundherr Klein- und Kucheldienste, welche in weitestem Sinne dem Grundzins angehörten. Dies betraf auch die Gabe von Tieren und anderem zu den Festtagen im Jahreskreis. Die herrschende Klasse erhob nicht nur einem Pachtverhältnis ähnliche Grundleihe, sondern auch ein Herrschafts- Untertanenverhältnis, also eine Huld und Treuegelübde.

Der Grundherr bot dem Bauern Schutz und Schirm zu gewähren, dafür gab es den Schirmbrief betreff Schutz vor innerem und äußerem Feinde, Schutz und Hilfe in Rechtsangelegenheiten und der Hilfe bei wirtschaftlicher Not (Feuersbrünste, Ernteausfälle, Viehseuchen, Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen). Der Bauer mußte dem Grundherrn als Grundholde oder Untertan Treue und Gehorsam geloben. Der Grundzins hat eine Abgabe für die Grundleihe dargestellt, dagegen entsprangen die Arbeiterleistungen auf dem Herrenhofe, mit dem slawischen Ausdruck „Robot“ bedacht, den schutzobrigkeitlichen Aufgaben des Grundherrn; so eine Art Hilfestellung des Untertanen gegenüber der Herrschaft.

Man unterschied die Handrobot, Gespannrobot, Botengänge und die gemessene beziehungsweise ungemessene Robot. Die Robot war eine dingliche Last, robotpflichtige Bauern konnten Dienstboten zur Arbeit auf den herrschaftlichen Meierhof entsenden.

Die gemessene Robot beinhaltete die jährlich wiederkehrenden Arbeiten auf den herrschaftlichen Feldern, sie wurde als nicht drückend eingestuft, da sie sich nur auf wenige Tage des Jahres beschränkte.

Mit der ungemessenen Robot waren Bauarbeiten an der Burg oder am Schloß, Wirtschaftsgebäuden, Schanzarbeiten, die Errichtung und Besetzung diverser Kreidposten im Kriegsfalle und anderes mehr verbunden. Somit konnten auch Straßen, Kirchen und Gemeinschaftseinrichtungen gebaut und erhalten werden. Besonders drückend empfanden die Bauern das Aufgebot zur Jagdfron oder Fischerei zur Erntezeit. Die Grundherren weigerten sich, die ungemessene Robot in Geld abzulösen; sie brauchten besonders im barocken Zeitalter ein enormes Angebot an Arbeitskräften.

Maria Theresia schuf mit dem Robotrecht im Jahre 1778 einen Wandel, die Beschränkung der Robot entfiel auf 156 Tage im Jahr. Im Anfang manifestierte sich eine Geschlossenheit der einzelnen Herrschaften, jedoch im Laufe der Jahrhunderte bis 1848 wurden die Besitztümer durch Stiftungen, Vererbungen, Käufe und Verkäufe von Liegenschaften durchbrochen und lösten sich im Endeffekt auf.

Damit begann das Gültenwesen. In fast allen Katastralgemeinden des 19 Jh. sind 2 oder mehrere Grundherrschaften vertreten; so kam es auch dazu, daß der Bauer für seine Grundstücke mehreren Herrschaften zu dienen hatte. Um den Verwaltungsaufwand zu optimieren, wurde von den Grundherrn sogenannte „Ämter“ für eine Gruppe von Wirtschaften errichtet, die meist nach dem Hof oder dem Bauern benannt wurden, der als Amtmann eingesetzt war. Jener war zugleich Vertreter der Grundherrschaften und sorgte für die Ordnung und Einhaltung der Rechtsvorschriften und Arbeitsleistungen. Desgleichen mußte er die Abgaben entgegennehmen.

Die Bürger der Städte und Märkte waren früh aus der strengen Untertänigkeit herausgetreten und hatten als „Gemein der Bürger“ im Sinne der Selbstverwaltung ihre Aufgaben zu leisten und dem Gemeinschaftsbesitz zu nützen.

Das Untertanpatent des Kaiser Josef II brachte 1781 die „Scholleungebundenheit und die Freizügigkeit der Untertanen“, das Gesetz über die Grundablöse 1848 brachte letztendlich die Auflösung der über ein Jahrtausend bestandenen Grundherrschaft als staatstragende und staatserhaltende Ordnung.

 

( Rezipiert und zusammengefaßt aus den Unterlagen des Weizer Historikers Prof. Leopold Farnleitner )

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